Rich­terbund-Chef sieht Grenze bei Mei­nungs­freiheit im Netz erreicht

Der Vor­sit­zende des Deut­schen Rich­ter­bundes (DRB), Jens Gnisa, hat die Frage auf­ge­worfen, ob die Grenzen der Mei­nungs­freiheit ange­sichts von Hass-Pos­tings nicht zu weit gesteckt sind. “Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt fasst die Mei­nungs­freiheit sehr weit, was ich grund­sätzlich gut finde. Aller­dings frage ich mich, ob wir ange­sichts des Internets die Grenzen der Mei­nungs­freiheit inzwi­schen nicht zu weit gezogen haben”, sagte Gnisa dem “Westfalen-Blatt”.Früher habe die Devise gegolten, es sei besser, dass Bürger Dampf ablassen können, als dass sich da irgend­etwas auf­staue. “Aber genau das haben wir heute: Die Men­schen posten immer schlimmere Belei­di­gungen und verbale Angriffe in ihren Zirkeln, bekommen dafür Beifall, legen viel­leicht nach, und alles schaukelt sich hoch. Wenn der Hass dann in Gewalt umschlägt, bleibt es nicht bei Äuße­rungen, sondern es kommt zu Taten wie dem Anschlag auf Regie­rungs­prä­sident Walter Lübcke”, so der Rich­terbund-Chef weiter. Auf die unge­sühnten Belei­di­gungen gegen die Grünen-Poli­ti­kerin Renate Künast ange­sprochen sagte Gnisa, der Rich­terbund habe “reichlich” Reak­tionen von Bürgern bekommen. “Ich rate, die Ruhe zu bewahren und den Rechtsweg abzu­warten. Jetzt ist erst mal das Kam­mer­ge­richt als Beschwer­de­instanz gefragt”, so Gnisa. Auch er bekomme Hass-Mails: “Nach jeder Talkshow, in der ich auf­trete. Einer schrieb, er wünsche sich, dass meine Kinder umge­bracht würden und der Täter einen milden Richter finde”, so der DRB-Chef weiter. Auf die Frage, ob er so etwas anzeige, ant­wortete Gnisa: “Wenn ich mich intensiv um jede Zuschrift kümmern würde, bekäme ich meinen Tag nicht mehr orga­ni­siert. Letztens hatte ein soge­nannter Reichs­bürger bei Youtube ein Video ein­ge­stellt, in dem er sagte: ‘Ich liqui­diere Gnisa.‘ Und nach einer Pause kam der Zusatz: ‘Natürlich nur verbal, im Gerichtssaal.‘” Er habe dar­aufhin “nichts unter­nommen, und nach zwei Wochen hat der Mann nach­gelegt und mich auf Youtube schwerer Straf­taten bezichtigt”, so der Rich­terbund-Chef weiter. Da habe er ihn ange­zeigt. “Aber ich habe mich auch gefragt, ob es zu der Eska­lation gekommen wäre, wenn man den Mann schon nach dem ersten Video in die Schranken gewiesen hätte. Insofern ist es gut, dass die Bun­des­re­gierung gesetzlich fest­schreiben will, dass die Staats­an­walt­schaft einen Aus­kunfts­an­spruch gegenüber Platt­form­be­treibern bekommt und ihr die Namen der Urheber genannt werden müssen”, sagte Gnisa dem “West­falen-Blatt”.
Berlin (dts Nach­rich­ten­agentur) — Foto: Com­puter-Nut­zerin auf Facebook, über dts Nachrichtenagentur